Herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe des AI FIRST Newsletters!
Heute geht’s um Use Cases.
Konkret darum, wie Du deine GenAI Use Cases findest und priorisierst, um echte Probleme zu lösen.
Ich stelle Dir einen strukturierten Ansatz vor mit dem ich bei jedem Kunden 100+ Use Cases gefunden und auf die wirklich wertstiftenden runtergebrochen habe.
Los geht's!
Schritt 1: Die Fähigkeiten von GenAI aufgliedern
Bevor wir in deine Prozesse abtauchen, müssen wir uns verdeutlichen, wobei uns Generative AI überhaupt helfen kann.
Was sind die “Fähigkeiten” von Generative AI?
Ich kategorisiere die Fähigkeiten wie folgt:
- Kann Texte schreiben, zusammenfassen und auswerten.
- Kann Bilder erstellen, bearbeiten und auswerten.
- Kann gesprochene Sprache erkennen und sprechen.
- Kann Muster in unstrukturierten Daten finden und analysieren.
- Kann Videos erstellen und bearbeiten.
Diese Kernfähigkeiten bilden die Grundlage für die Anwendung generativer KI in verschiedenen Branchen und Anwendungsbereichen.
Nur wenn wir wissen, welche Fähigkeiten eine Technologie mitbringt, können wir diese Fähigkeiten auf unsere Arbeit anwenden.
Kernfähigkeiten Generativer KI: Texte, Bilder, Audio, Video und Datenauswertung
Schritt 2: Die Top-Aktivitäten
Jetzt schauen wir uns den Arbeitsalltag an. In den täglichen Abläufen verstecken sich die Use Cases, die wir suchen.
Ein Hinweis vorweg: Menschen, die noch nie mit GenAI gearbeitet haben, fällt es normalerweise schwer, passende Use Cases zu finden. Als ersten "Use Case" empfehle ich daher eine AI Assistenten mit dem Mitarbeiter Erfahrungen sammen können. Hier findest Du einen ganzen Artikel dazu.
Zurück zur Use Case Discovery.
1. Bring Dein Team zusammen. Ob in Person oder virtuell.
2. Bitte jeden, die 5 Aktivitäten aufzuschreiben, die repetitiv sind und am meisten Zeit in Anspruch nehmen.
Das können Dinge sein wie:
- Marktanalysen durchführen
- Support-Tickets bearbeiten
- Produktbeschreibungen erstellen
- Rechnungen prüfen und verarbeiten
- Kundentermine vor- und nachbereiten
3. Sammelt alle Aktivitäten und gruppiert ähnliche Aufgaben.
4. Fügt jeder Aufgabe eine Schätzung der Stunden pro Woche hinzu.
Tipp: Nutze digitale Whiteboard-Tools wie Miro für diesen Prozess. So können alle Teilnehmer aktiv mitmachen, egal wo sie sich befinden.
Das sind die Aufgaben, die ich in diesen Workshops immer wieder höre:
Allgemeine Produktivitätssteigerung durch KI: Überblick der Anwendungsbereiche in Unternehmensfunktionen
Der Schlüssel hier ist, wirklich auf Dein Team zu hören.
Sie wissen am besten, wo der Schuh drückt und wo Verbesserungen den größten Impact hätten.
Und nebenbei schaffst Du so auch gleich Buy-in für die kommenden Veränderungen – denn jeder fühlt sich gehört und einbezogen.
Schritt 3: GenAI-Fähigkeiten auf Aktivitäten abbilden
Jetzt hast Du einen Überblick über die GenAI-Fähigkeiten und weißt, wo in deinem Unternehmen viel Zeit verloren geht.
Zeit, beides zusammenzubringen.
Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Die Bearbeitung einer Ausschreibung.
Wie könnte GenAI hier helfen?
- Zusammenfassen: Es kann lange und komplexe Ausschreibungstexte zusammenfassen, um die wichtigsten Punkte und Anforderungen schnell zu erfassen.
- Schreiben: Ein Sprachmodell kann bei der Erstellung von Texten für Ausschreibungen helfen, indem es klare und präzise Formulierungen vorschlägt, die den Anforderungen und Kriterien der Ausschreibung entsprechen.
- Auswerten: Das Modell kann die generierten Texte mit den Fragen abgleichen, Abweichungen identifizieren und sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt werden.
So kannst Du sehr einfach runterbrechen, was eine AI und was ein Mensch in dem Prozess machen würde. Und das ist wichtig: wir müssen ganz genau definieren, was der "Roboter" im Prozess konkret für eine Aufgabe übernimmt.
Diesen Prozess kannst Du jetzt für alle Anwendungsfälle durchspielen und einer Matrix festhalten.
KI-Anwendungen in Unternehmensaufgaben: Texte, Bilder, Audio, Video und Datenauswertung
Schritt 4: Welche Daten brauchen wir?
AI ist nur so gut wie die Daten, mit denen sie arbeitet. Bestimmt schon mal gehört :)
Deshalb ist es entscheidend, dass wir uns genau anschauen, welche Daten für unsere identifizierten Use Cases benötigt werden und woher wir sie bekommen.
Bleiben wir bei unserem Beispiel der Ausschreibung:
Benötigte Daten:
- Ausschreibungsunterlage vom Kunden
- Dokumentation zur Bearbeitung von Ausschreibungen
- Dokumentation zu den Informationen, die abgefragt werden (Allgemeine Unternehmensdaten, Leistungsportfolio, Kundenreferenzen, Preisgestaltung, …)
Datenquellen:
- E-Mail mit Ausschreibungsunterlage
- Internes Wiki / Sharepoint / Drive
Für jeden potenziellen Use Case solltest Du diesen Prozess durchlaufen:
- Datenbedarfsanalyse: Welche Informationen braucht die AI, um die Aufgabe effektiv zu erledigen?
- Quellenidentifikation: Wo in Deinem Unternehmen liegen diese Daten? Wie kann ich darauf zugreifen?
- Qualitätscheck: Sind die Daten vollständig, aktuell und zuverlässig?
- Datenschutz-Screening: Gibt es rechtliche oder ethische Bedenken bei der Nutzung dieser Daten?
Datenmanagement für KI-Projekte: Erforderliche Daten, Quellen, Qualität und Datenschutz
Dieser Schritt zeigt Dir nicht nur, was möglich ist, sondern auch, wo eventuell noch Vorarbeit geleistet werden muss.
Vielleicht stellst Du fest, dass einige Daten noch nicht in der benötigten Form vorliegen oder dass Datenschutzfragen geklärt werden müssen.
Tipp: Erstelle einen Datenkatalog für Dein Unternehmen. Darin hältst Du fest, welche Daten es gibt, wo sie liegen, in welcher Qualität und wer verantwortlich ist.
So siehst Du auf einen Blick, welche Daten wo und in welcher Qualität verfügbar sind. Das hilft nicht nur bei diesem Projekt, sondern gibt Dir auch wertvolle Insights für zukünftige Digitalisierungsvorhaben.
Schritt 5: Machbarkeit und Einfluss bewerten
Wir haben eine Menge potenzieller Use Cases identifiziert, aber auf welche wollen wir uns konzentrieren?
Um diese Entscheidung zu treffen, werden wir jeden Case nach zwei Kriterien bewerten: Machbarkeit und Einfluss.
Es geht dabei nicht um eine 100% korrekte Bewertung mit perfektem Business Case, sondern um eine sinnvolle Priorisierung.
So kannst Du vorgehen:
Erstelle eine 2x2-Matrix:
- X-Achse: Machbarkeit (von niedrig bis hoch)
- Y-Achse: Einfluss (von niedrig bis hoch)
Bewerte die Machbarkeit
Dimensionen:
- Zugang zu Daten: Sind alle benötigten Daten verfügbar und nutzbar?
- Technische Umsetzbarkeit: Gibt es passende AI-Tools oder müssen wir etwas von Grund auf entwickeln?
- Integrationsaufwand: Wie einfach lässt sich die Lösung in bestehende Systeme einbinden?
- Rechtliche/ethische Aspekte: Gibt es Bedenken bezüglich Datenschutz oder ethischer Fragen?
Definition der Skala:
- Sehr hohe Machbarkeit: Voller Datenzugang; AI-Tools sofort einsetzbar; einfache Integration; keine rechtlichen/ethischen Hürden.
- Hohe Machbarkeit: Daten gut zugänglich; passende AI-Tools verfügbar; Integration weitgehend problemlos; wenige rechtliche/ethische Bedenken.
- Mittlere Machbarkeit: Daten größtenteils verfügbar; AI-Tools vorhanden, aber Anpassungen nötig; moderate Integration; lösbare rechtliche/ethische Fragen.
- Geringe Machbarkeit: Eingeschränkter Datenzugang; grundlegende AI-Tools vorhanden, aber erhebliche Entwicklung nötig; Integration schwierig; einige rechtliche/ethische Hürden.
- Sehr geringe Machbarkeit: Daten unzureichend; AI-Tools fehlen; hoher Integrationsaufwand; erhebliche rechtliche/ethische Bedenken.
Gib jeder Dimension einen Wert zwischen 1 (sehr hoch) und 5 (sehr niedrig) und bilde den Durchschnitt.
Bewerte den Einfluss
Dimensionen:
- Zeitersparnis: Wie viele Stunden pro Woche/Monat können eingespart werden?
- Qualitätsgewinn: Wird die Fehlerrate reduziert? Werden Entscheidungen verbessert?
- Kundenerlebnis: Wird der Service schneller oder besser?
- Finanzieller Impact: Können Kosten eingespart oder Umsätze gesteigert werden?
Wähle die passende Dimension für den Use Case (nicht jeder Use Case wird zB das Kundenerlebnis verbessern) und setze ihn ins Verhältnis zu anderen Use Cases der Kategorie.
Vergib ebenfalls einen Einfluss-Wert zwischen 1 (sehr niedriger) und 5 (sehr hoch).
Platziere jeden Use Case in der Matrix:
KI-Priorisierungsmatrix: Einfluss und Aufwand von AI-Projekten im Unternehmen
Use Cases im oberen linken Quadranten (niedriger Aufwand, hoher Einfluss) sind Deine Prioritäten.
Durch diesen Prozess kristallisieren sich die Anwendungsfälle heraus, die sowohl umsetzbar sind als auch einen signifikanten Mehrwert versprechen.
Damit kannst Du starten.
Schritt 6: Alles zusammenbringen
Erstelle Dir eine Übersicht der Use Cases, Anforderungen und Bewertung als Backlog.
AI Use Case Scoring: Bewertungsmatrix für Machbarkeit und Einfluss von KI-Anwendungen
Diese Übersicht kannst Du mit der Zeit um weitere Informationen erweitern:
- Verantwortlichkeit
- Beeinflusste KPIs
- Link zu strategischem Ziel
- Technisches Setup
Ich empfehle Dir, das zum Start nicht komplizierter zu machen, als es sein muss.
Schritt 7: In die Umsetzung kommen
Der Grundstein ist gelegt.
Um in die Umsetzung der Use Cases zu kommen, empfehle ich Dir, klein zu starten und dich mit der Zeit weiterzuentwickeln.
Starte besser nicht direkt damit, einen Prozess Ende-zu-Ende zu automatisieren mit 3 System-Integrationen und 2 angeschlossenen Datenbanken im Hintergrund.
Das führt meist zu mehr Frustration als Ergebnissen.
Stattdessen empfehle ich Dir 3 Dinge:
1. Ein Setup mit dem Du AI Assistenten aufsetzen kannst, ohne Programmierung:
2. Prüfe genau, welche GenAI Funktionen deine bestehenden Softwareanbieter bereits mitbringen oder geplant haben. Oft kannst Du damit schon Use Cases umsetzen, ohne neue Lösungen zu integrieren.
3. Starte mit kleinen Piloten, validiere die Ergebnisqualität und Effizienzgewinne, prüfe die Anforderungen an die Skalierung vom Use Case und rechne einen Business Case.
Das spart Dir hinten raus Zeit und Nerven.
🏁 Fazit
Es gibt in Deinem Unternehmen 100+ GenAI Use Cases.
Entscheidend ist, wie Du diese priorisierst anhand der vorhandenen Daten, technischer Machbarkeit und dem Einfluss auf Dein Unternehmen.
So vermeidest Du Spielereien und setzt die richtigen Fälle um.
Key Takeaways:
- Gib deinem Team Zeit, sich mit den Möglichkeiten von GenAI vertraut zu machen, bevor Du einen Use Case Prozess startest.
- Verbinde wiederkehrende Aufgaben mit Fähigkeiten von GenAI.
- Qualifiziere nach a) Daten, b) technischem Aufwand, c) Einfluss.
- Identifiziere deine Quick Wins und geh mit niedrigschwelligen Tools in die Umsetzung.
- Lass deine Ambitionen mit den Erfahrungen im Team wachsen.
Die größte Herausforderung ist meist nicht die Technologie, sondern der Verhaltenswandel, der damit einhergeht.
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