Analyse: 1-Personen Unicorn mit AI

AI-Potenziale und Realitätscheck

9.10.2024
in
Horizont
von
Felix Schlenther
Felix ist der CEO und Gründer der Unternehmensberatung von AI FIRST. Jede Woche erkundet er die Grenzen der AI in praxisnahen Beiträgen und in seinem Podcast AI First.
Analyse: 1-Personen Unicorn mit AI

In meinem September Recap habe ich einen Einblick in meinen Monat gegeben:


Meine größte Herausforderung bleibt die eigene Kapazitätsgrenze.


Der Tag hat eben nur 24 Stunden.

Jetzt, bei der Planung des Teams, frage ich mich: Wie weit kann man "AI-powered" eigentlich treiben?

Sam Altman hat in einem Interview prognostiziert, dass wir bald das erste 1-Personen Unicorn sehen werden. Ein Mensch, der ein Unternehmen mit 1 Mrd. $ Bewertung führt.

Klingt erstmal unmöglich - aber den Gedanken finde ich spannend und habe mal reflektiert, was dafür passieren müsste.

Let's go.

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Sam Altmans Vision: Zu schön, um wahr zu sein?

Sam Altman sorgte vor einiger Zeit mit einer gewagten Prognose für Aufsehen, die heute aktueller denn je erscheint. Er sagte:

Übersetzt heißt das: Wir werden Ein-Personen-Unternehmen mit Milliardenbewertungen sehen. Altman und seine Freunde wetteten sogar darauf, wann das erste dieser Unternehmen auftauchen wird.

Lass uns einen Blick hinter die Kulissen dieser Vision werfen und ihre Kernelemente entschlüsseln:

  • AI als Mitarbeiter-Ersatz: Die rasante Entwicklung von AI lässt vermuten, dass sie bald die Arbeit ganzer Teams übernehmen könnten.
  • Extreme Effizienz: Ein einzelner Unternehmer könnte theoretisch die Arbeit von Designern, Entwicklern, Marketingexperten und mehr an AI-Agenten delegieren.
  • Fokus auf Kernkompetenzen: Der Gründer könnte sich so auf die wichtigsten strategischen Entscheidungen konzentrieren.

Wie nah ist diese Vision wirklich?

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Die Realität: Wo stehen wir heute?

Bevor wir in die Zahlen eintauchen, sollten wir ein paar Grundregeln festlegen.

Wenn Altman von Milliarden-Dollar-Bewertungen spricht, ist das keine besonders präzise Metrik. Bewertungen für Startups sind ohnehin oft mehr Kunst als Wissenschaft.

Wenn Sam Altman morgen twittert "Ich habe eine Idee für ein AI-Unternehmen", könnte er wahrscheinlich eine Finanzierungsrunde abschließen, die sein Unternehmen mit einer Milliarde bewertet. (Ähnliches ist ja mit dem neuen Unternehmen von OpenAI-Mitgründer Ilya Sutskever passiert, das aktuell mit 5 Milliarden bewertet wird.)

Was wir aber für eine realistische Bewertung brauchen, ist ein Business mit gesunden Gewinnmargen und solidem Umsatzwachstum.

Um es einfach zu halten, sagen wir:

Unser Ein-Personen-Milliarden-Dollar-Unternehmen muss mindestens 100 Millionen Dollar jährlich wiederkehrenden Umsatz (ARR) haben.

Bei einem 10-fachen Umsatzmultiplikator – was für ein skalierbares, schnell wachsendes Startup definitiv realistisch ist – kämen wir dann auf eine Milliarde Dollar Bewertung.

Schauen wir uns die Realität an:

  1. Bisher gibt es kein bekanntes Ein-Personen-Unternehmen, das auch nur annähernd an die Milliarden-Bewertung herankommt.
  2. Selbst beeindruckende Solo-Erfolge wie Wargrass, wo ein Entwickler seine Gaming-App für 54 Millionen Dollar verkaufte, bleiben weit unter der Milliarden-Marke.
  3. Erfolgreiche Startups mit Milliarden-Bewertungen wie Midjourney (Über 200 Millionen Dollar Jahresumsatz) oder Instagram bei seinem Verkauf 2012 (1 Milliarde Dollar) hatten bereits kleine Teams von 13-20 Mitarbeitern.

Um die 100 Millionen Dollar ARR zu erreichen, bräuchte man:

  • 1 Million Verbraucher, die jeweils 100 Dollar pro Jahr zahlen
  • 100.000 Mittelstandskunden bei 1.000 Dollar pro Jahr
  • 10.000 Enterprise-Kunden bei 10.000 Dollar pro Jahr
  • 1.000 Großkunden zu je 100.000 Dollar pro Jahr

Jedes dieser Szenarien ist für eine Einzelperson eine gewaltige Herausforderung.

Die größte Hürde bleibt die Skalierung. Selbst mit AI-Unterstützung ist es für eine Einzelperson extrem schwierig, den nötigen Vertrieb und Support für ein Milliarden-Dollar-Unternehmen zu stemmen.


Ein vollständig von AI-gesteuertes Unternehmen‍

Auch wenn Altman's Vision noch entfernt scheint, werden AI-First Unternehmen mit kleinen Teams enorme Leistungen erbringen können.

Wie sieht ein Unternehmen aus, das fast nur AI als Mitarbeiter hat?

In diesem Szenario ersetzt ein Netzwerk aus AI-Agenten (mehr zu Agenten, Assistenten und Automationen hier) die traditionelle Unternehmensstruktur. Statt menschlicher Mitarbeiter arbeiten autonome AI-Systeme zusammen, treffen Entscheidungen und erledigen sämtliche Aufgaben - von der Produktentwicklung bis zum Kundenservice.

Wie könnte das aussehen?

Einige Elemente sind bereits Realität:

  • AI-gestützte Automationen vervielfachen schon heute die Produktivität von Marketing Teams. Was früher 10 Leute gemacht haben, kann heute von 5 erledigt werden.
  • AI-Code Tools wie Cursor übernehmen zunehmend Aufgaben in der Softwareentwicklung. Amazon hat beim Upgrade von 30.000+ Apps über 4.500 Entwickler Jahre eingespart.
  • AI-Agenten lösen bereits viele Kundenanfragen selbstständig - per Voice und Text. Klarna's AI Assistent hat 700 Agents abgelöst. Customer Support wird gerade disruptiert.

Um 99% der Mitarbeiter zu ersetzen, müssten diese Systeme aber wirklich autonom zusammenarbeiten und komplexe Entscheidungen treffen können - das sehe ich noch in einiger Ferne.

Die größten Hürden, die ich sehe:

  • Halluzinationen
  • Mangelndes Kontextverständnis
  • Schnittstellen-Komplexität in IT-Landschaften
  • Schwierigkeiten bei ethischer Entscheidungsfindung
  • Immense Betriebskosten solcher Systeme

Aber wer weiß, wie lange das noch so bleibt.

Mit jeder neuen Modellgeneration steigt jedoch die Qualität und die Kosten gehen weiter runter.

Auch wenn diese Hyperautomation heute noch unvorstellbar scheint, würde ich mich als Unternehmer darauf vorbereiten, dass Vieles davon in ein paar Jahren machbar sein wird.


Was passiert, wenn AI zum Standard wird?

Stellen wir uns vor, die technischen Hürden wären überwunden:

Jedes Unternehmen hat nun Zugang zu fortschrittlichster AI - fehlerfrei, ethisch und kostengünstig. Was bedeutet das für den Wettbewerb?

Wenn alle diese Fähigkeiten haben, wie differenziert man sich dann noch?

Diese Situation erinnert an die Anfänge des Internets. Plötzlich konnte jeder eine Website erstellen, aber nicht jede wurde zum nächsten Amazon.

Was also wird in dieser AI-Welt den Unterschied machen?

Ich sehe 4 Punkte:

  1. Problemlösungskompetenz: AI wird ein mächtiges Werkzeug sein und immer mehr vom reinen umsetzen/abarbeiten übernehmen. Als Menschen werden wir immer mehr Zeit damit verbringen, Probleme zu finden, die von AI gelöst werden sollen. Die besten Ideen werden wertvoller.
  2. Datenqualität und -zugang: In einer Welt, in der alle die gleichen AI-Tools haben, wird der Wettbewerbsvorteil oft in der Qualität und Einzigartigkeit der Daten liegen, mit denen diese Tools gefüttert werden.
  3. Menschliche Fähigkeiten: Empathie, kreatives Denken - diese menschlichen Fähigkeiten werden noch wertvoller werden.
  4. Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit: In einer sich schnell verändernden AI-Landschaft wird der Erfolg oft davon abhängen, wie schnell Unternehmen neue Entwicklungen adaptieren und in ihre Prozesse integrieren können.

Außerdem glaube ich, dass der Vertrieb wieder an Bedeutung gewinnt.

Wenn AI die Produktentwicklung beschleunigt, könnte der Markt mit ähnlichen Angeboten überschwemmt werden. In diesem Umfeld wird die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produkte vermarkten und an den Kunden bringen, zunehmend wichtiger.

Fakt ist: Durschnitt wird irrelevant. Exzellenz wird wichtiger denn je.

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Von Solo-Unternehmern zu Großkonzernen: 

Die Bedeutung eines AI-First Mindsets

Ein AI-First Mindset ist essenziell, um in einer zunehmend von AI geprägten Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Dabei spielt die Unternehmensgröße keine Rolle - ob Einzelunternehmer oder multinationaler Konzern.

AI-First bedeutet, AI nicht nur als zusätzliches Werkzeug zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil von Teams, Prozessen und Produkten.

AI muss ganzheitlich aufs Unternehmen gedacht werden, damit die Wirkung in die Breite getragen wird.

Hier ein Auszug aus meinem kürzlichen LinkedIn-Post dazu:

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🏁 Fazit

Aber wer weiß: vielleicht überrascht Sam Altman uns doch und wir sehen schon bald das erste 1-Person Unicorn? :)

Spaß beiseite.

Während wir noch weit davon entfernt sind, dass AI ganze Teams ersetzt, haben wir gesehen, dass die Technologie enormes Potenzial hat, Unternehmen jeder Größe zu transformieren.

Key Takeaways:

  1. Ein-Personen-Milliarden-Unternehmen sind (noch) Zukunftsmusik, aber AI ermöglicht es Unternehmen, weit über ihre Grenzen hinauszuwachsen.
  2. Der Vertrieb wird in einer AI-gestützten Welt zum Schlüsselfaktor - wer Kunden begeistern und binden kann, hat die Nase vorn.
  3. Ein AI-First Mindset bedeutet, alles im Unternehmen konsequent aus AI-Perspektive zu hinterfragen und die Potenziale ganzheitlich zu nutzen.

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