AI-Agents: Die Automatisierung von Arbeit

Potenziale, Grenzen und strategische Implikationen für Unternehmen

14.10.2024
in
Horizont
von
Felix Schlenther
Felix ist der CEO und Gründer der Unternehmensberatung von AI FIRST. Jede Woche erkundet er die Grenzen der AI in praxisnahen Beiträgen und in seinem Podcast AI First.
AI-Agents: Die Automatisierung von Arbeit

Salesforce hat die neue AI Plattform "Agentforce" vorgestellt.


Mit Agentforce sollen autonome AI-Agents über das gesamte Unternehmen hinweg genutzt werden können, um Aufgaben vollständig zu automatisieren.

Anders als bei klassischen Copilots oder Assistenten mit denen wir chatten können, geht es hier um die komplette Abwicklung von Prozessen.

Wenn die Erfinder des Software-as-a-Service Modells voll auf AI-Agents setzen, dann sollten wir uns das genauer anschauen.

Let's go.

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Was sind AI-Agents?

Ein AI-Agent ist eine neue Art von AI-Architektur, die völlig neue Arbeitsabläufe ermöglicht.

Stell Dir vor, Du fragst eine herkömmliche AI: "Regnet es in Hamburg?"

Die Antwort könnte lauten: "Ich habe keinen Zugriff auf aktuelle Wetterdaten. Aber es ist Hamburg - also bestimmt."

Diese Antwort zeigt die Grenzen herkömmlicher AI-Systeme: Sie nutzen nur ihr internes Wissen. Sie planen nicht, sie recherchieren nicht, sie überprüfen nichts. Es ist eine simple Verbindung von Eingabe zu Ausgabe.


Willst Du eine neue Antwort? Musst Du eine neue Frage stellen.

AI-Agents hingegen gehen die Sache anders an. Frag einen AI-Agent: "Wie wird das Wetter in Hamburg diese Woche, und sollte ich meinen Regenschirm einpacken?"

Jetzt passiert Folgendes:

  1. Der Agent erstellt einen Plan.
  2. Er nutzt ein Webbrowser-Tool, um aktuelle Wetterdaten für Hamburg abzurufen.
  3. Er analysiert die Daten und vergleicht sie mit seinem Wissen über typisches Hamburger Wetter.
  4. Er überprüft seine Schlussfolgerungen.
  5. Schließlich antwortet er: "Laut aktueller Vorhersage wird es in Hamburg diese Woche an drei Tagen regnen. Ein Regenschirm ist definitiv empfehlenswert. Die Temperaturen bleiben mild, zwischen 15 und 20 Grad."

Das Besondere: Der Agent kann diesen Prozess immer wieder durchlaufen, ohne dass Du jedes Mal eine neue Frage stellen musst. Er könnte Dir sogar täglich Updates geben, wenn sich die Vorhersage ändert.

Und hier wird's richtig interessant: Weil der Prozess aus mehreren Schritten besteht, kann jeder einzelne optimiert werden.

Vielleicht übernimmt ein Modell die Planung, während spezialisierte Modelle die Wetteranalyse machen. Oder man integriert ein maßgeschneidertes Tool, das Regenwahrscheinlichkeiten präzise berechnet.

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Die Bausteine eines AI-Agents

Um die Funktionsweise und das Potenzial von AI-Agents zu verstehen, ist es wichtig, ihre grundlegenden Bausteine zu kennen:


  • Datenzugriff: AI-Agents benötigen Zugang zu Datenquellen. Das können öffentliche Daten aus dem Web, interne Unternehmensdatenbanken oder persönliche Datenspeicher sein. Die Herausforderung liegt darin, relevante Informationen effizient zu extrahieren und zu verarbeiten.
  • AI-Modelle: Wenn man im letzten Jahr von "AI" hörte, meinte man meist diese Komponente - die großen Sprachmodelle wie GPT-4 oder Claude Sonnet 3.5. Diese Modelle interpretieren Anfragen, verarbeiten Informationen und generieren Antworten oder Aktionen.
  • Tools: AI-Agents können mit verschiedenen Werkzeugen ausgestattet werden, die ihre Fähigkeiten erweitern. Stell Dir vor, Du gibst einem Handwerker (dem Sprachmodell) einen neuen Werkzeugkasten. Ein Beispiel ist der Code Interpreter von OpenAI, der es ermöglicht, Code zu analysieren und zu erstellen.
  • Benutzeroberfläche: Die Integration dieser Fähigkeiten in den Arbeitsablauf des Nutzers ist mindestens so wichtig wie die Fähigkeiten selbst. Dies kann über Chat-Interfaces, Integration in bestehende Software oder als Hintergrundprozess erfolgen.
  • Integrationslogik: Diese Komponente koordiniert das Zusammenspiel aller Teile. Sie steuert den Workflow des Agents und sorgt dafür, dass die richtigen Tools und Daten zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden.

All diese Komponenten zu einem funktionierenden Ganzen zusammenzufügen, ist keine leichte Aufgabe.

Anders als in den Anfängen von SaaS, wo die technologische Basis - die Cloud - bereits etabliert war, bewegen wir uns bei AI-Agents noch auf unsicherem Terrain. Hier wird nicht nur an Produkten gefeilt, sondern gleichzeitig an den grundlegenden Technologien geforscht und entwickelt.

Es ist ein bisschen wie beim Goldgräber-Fieber. Alle wissen, dass irgendwo der große Schatz vergraben ist. Niemand weiß genau wo, aber alle graben wie verrückt. Und wer ihn findet, der verändert vielleicht die Art, wie wir arbeiten und leben.


Was ist heute schon möglich?‍

AI-Agents greifen auf Sprachmodelle zurück, und Sprachmodelle halluzinieren.

Durch Halluzinationen, auch wenn diese nur im 1-stelligen %-Bereich sind, wird ein Mensch benötigt, der das Ergebnis prüft.

Durch die menschliche Qualitätskontrolle steigen die Kosten für einen Anwendungsfall enorm. Eine End-to-End Automation ist oft schlichtweg noch nicht möglich, wenn das Ergebnis 100% akkurat sein muss.

Trotzdem gibt es auch schon vielversprechende Einsatzgebiete, vor allem in Sales und Customer Service.

Im Kundenservice:

  • Bearbeitung von Kundenanfragen über mehrere Kanäle
  • Zugriff auf Kundenkonten und interne Wissensdatenbanken
  • Erstellung personalisierter Lösungsvorschläge
  • Eskalation komplexer Fälle an menschliche Mitarbeiter

Im Vertrieb:

  • Qualifizierung und Priorisierung von Leads
  • Automatisierte Ansprache von Kunden
  • Erstellung personalisierter Angebote
  • Vorbereitung von Verkaufsgesprächen mit relevanten Informationen

Unternehmen wie Artisan, 11x und ada.cx sind hier Vorreiter.

Aber auch Salesforce, der SaaS-Pionier schlechthin, setzt mit seiner neuen Plattform Agentforce voll auf AI-Agents.

Wie können große Investitionen in AI-Agents beobachten. Wo das große Geld hinfließt, da erwarten Investoren auch die größten Chancen. Diese Geldströme geben uns einen Hinweis darauf, welche Technologien und Anwendungen als besonders vielversprechend gelten.


Dem Geld folgen: Wer investiert wo?

Im Rennen um die besten AI-Agents haben sich zwei Hauptlager gebildet:

  • Die Sprachmodell-Spezialisten: Diese Unternehmen setzen alles auf die Entwicklung leistungsfähiger AI-Modelle. OpenAI, mit einer beeindruckenden Finanzierung von über 13 Milliarden Dollar, ist dabei der Vorreiter. Dicht auf den Fersen ist Anthropic, mit über 7,3 Milliarden Dollar Finanzierung.
  • Die Workflow-Spezialisten: Keines dieser Unternehmen hat eigene Sprachmodelle trainiert - sie verwenden Open-Source-Modelle oder greifen auf andere Anbieter zurück.
    • Artisan: 7,3m$ Seed
    • 11x.ai: 50m$ Series B
    • Parloa: 66m$ Series B
    • Cognigy: 93m$ Series C
    • Sierra: 4mrd$ Bewertung

Dieser Ansatz hat seine Vorteile: Die Unternehmen können sich auf die Entwicklung benutzerfreundlicher Oberflächen und die nahtlose Integration in bestehende Systeme konzentrieren, ohne die enormen Kosten und Ressourcen für das Training eigener AI-Modelle aufbringen zu müssen.

Die Strategie dieser Unternehmen basiert auf der Annahme, dass der Wert nicht primär im AI-Modell selbst liegt, sondern in der Art und Weise, wie es in praktische Anwendungen umgesetzt wird. Sie wetten darauf, dass die Fähigkeit, AI-Agents effektiv in Arbeitsabläufe zu integrieren, letztendlich den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen wird.


🏁 Fazit

Die Fehlerraten bei wirklich autonomen AI-Agents sind derzeit noch hoch, und wie bereits erwähnt, funktionieren sie noch nicht immer zuverlässig.

Aber wer weiß, wie lange das noch so bleibt?

Chips werden exponentiell leistungsfähiger, Sprachmodelle werden immer besser und günstiger.

Alles bleibt nur eine Frage der Zeit.

Für Unternehmen bedeutet das: Jetzt ist die Zeit, sich mit dieser Technologie vertraut zu machen und ihre Potenziale zu erkunden.

Key Takeaways:

  1. AI-Agents repräsentieren eine neue Generation von AI-Systemen, die autonom planen, recherchieren und handeln können.
  2. Trotz Milliarden-Investitionen funktionieren autonome AI-Agents derzeit nicht zuverlässig.
  3. Die vielversprechendsten Einsatzgebiete liegen aktuell im Kundenservice und Vertrieb.
  4. Für Unternehmen ist es wichtig, jetzt Erfahrungen zu sammeln, da die Technologie sich rasant entwickelt.

Wenn autonome AI-Agents voll funktionsfähig werden, dann wird unsere Arbeitswelt eine andere sein. Darauf sollten wir uns vorbereiten.

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